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Montag, 26. Oktober 2020

Momentnotizen

Eine Figur in einem Arthouse-Film sein wollen. Oder lieber doch nicht. Nicht anders sein wollen, als man ist. Es ist sein eigenes Programm.

Wenn die Tage wieder kürzer werden.

Tagelang das Haus nicht verlassen. Endlich mal wieder rausgehen.

Indian Summer vor der Haustür. Staunen, staunen, staunen.

Kühle Luft und rosige Wangen.

Frischgeschlüpfte Kastanien.

Wenn die Sonne rauskommt und genau auf den Cafétisch fällt, an dem man sitzt.

Fließen. Holpern. Alles ist der Fluss.

Ungeduld, Genervtsein. Das Gefühl, gleich auszurasten. Gespannt sein, was passiert oder auch nicht. Wie komplex alles ist. Und wie einfach: Es passiert, was passiert.

Die Szene in Pretty Woman, wo sie das mit dem Opernglas nicht hinkriegt und er ihr ganz souverän zeigt, wie man es richtig hält.

Die Lebendigkeit von kleinen oder auch größeren Makeln an perfekten Erscheinungen. Wenn Welten aufeinanderprallen, sich vermischen und gemeinsam zum Leuchten bringen. So besser atmen können.

Jemand bittet mich auf der Straße um
ein paar Cent“. Ich gebe ihm einen Euro und denke, dass ich ihm zwei gegeben hätte, hätte er um einen Euro gebeten.

Wir wünschen uns gegenseitig einen wunderschönen Tag.

Bitte nicht mal, und alles ist da.

Augenhöhe.

Sich gewählt ausdrücken:
Wenn Sie keine anderweitigen Verpflichtungen haben, machen Sie mir doch die Freude und begleiten mich ins Hotel.“ (nochmal Pretty Woman) Der Charme eines einfachen Komm doch mit.

Überlegen, was für einen Kalender man fürs nächste Jahr möchte. Es wird Was mein Leben reicher macht von der ZEIT. Schon mal in ein paar Wochen reinblättern. In der ersten Novemberwoche 2021 beschreibt jemand, wie er an einer Fußgängerampel mit langen Rotzeiten die Seifenblasendose zum Einsatz bringt, die jemand dort befestigt hat mit dem Hinweis ... wenn es mal wieder länger dauert.

Kalender ohne
viele Eintragungen. Sagen können: Such dir was aus, ich hab immer Zeit. Einen alten Kalender durchblättern und sich wundern über all die Termine darin. Damals war es so gut, heute ist es anders gut. Zeitfülle, immer. Zeitlosigkeit, im Grunde.

Wenn das, was ist, das ist, was man will, und umgekehrt. Oder wenn die Frage bzw. Unterscheidung gar nicht auftaucht oder nicht wirklich ernstgenommen wird.

Die unglaubliche Fülle an Adventskalendern. Vorfreude auf Dezember. Mindestens drei haben werden, eher fünf. Das morgendliche Ritual, alle zu öffnen, zu leeren, aufzurubbeln, anzuschauen, zu spielen oder zu lesen.

Kind bleiben oder wieder werden. Menschen, mit denen das gemeinsam geht.

Wege zu Fuß machen. Der Komfort von Fahrzeugen.

Durchgefroren in ein warmes Zimmer kommen.

Schweigen. Pausenlos reden.

Das völlig freie Wandern der Gedanken, wenn man allein ist.

Schlafanzugshosen, die nicht hochrutschen.


Dünnhäutig und verstimmt durch den Tag stolpern. Den Tag emotional stabil, tatkräftig und freudig angehen.

Nicht wissen, welcher Wochentag ist.

Seien Sie nicht so sehr von dieser Welt, Herr Passauer. (Mébrat zu Julian, im bizarr-schönen Roman Das Buch vom Süden von André Heller)

Dinge nicht in die Dimension der Gedanken und Worte holen, sondern sie nur vage fühlen.

Intuition. Synchronizitäten. Perfekte Orchestrierung.

Am Laptop beschäftigt sein, aufschauen und vom Leuchten des Abendrots überwältigt werden.

Euphorisch das Motiv von 3D-Bildern hervortreten sehen.

Kindliche Freude.

Gelassen bleiben. Sich aufregen.

Ein frisches Handtuch, nicht zu weichgespült.

Das Telefon klingeln lassen.

Nebel.

Einfach nur vorhanden sein.

Das Wort Apanage und seine praktische Bedeutung.

Die literarischen Figuren Oblomow, Bartleby und Des Esseintes verehren, ihren Geschichten aber im Geiste mehr Leichtigkeit und Positivität verleihen.

Pippi Langstrumpf und ihr Koffer mit Goldstücken. Alles andere an Pippi Langstrumpf. Der Tipp auf einer Postkarte:
Sei Pippi, nicht Annika.

Dinge, die zu gut sind, um nicht wahr zu sein.


Die alten Kabel, die an Holzmasten über die Straße hängen. Wenn bei Regen die Tropfen auf ihnen sitzenbleiben, sehen sie aus wie Perlenketten.

Horizontal liegende Spinnweben, auf denen der Morgentau liegt.

Vom Summen einer Mücke geweckt werden und so das Morgenrot sehen.

Dafür sein. Dagegen. Keine Meinung haben.

In der Schwebe.

Die Stimmigkeit von Konsens. Jeder bekommt, was er will. Warum auch nicht? Dem Leben bzw. sich selbst dieses Kunststück, diese Selbstverständlichkeit (?) zutrauen.

Menschen, die in Büchern leben und nicht „in echt“ verreisen oder nur dann, wenn sie etwas wirklich sehr interessiert.

Das Wort „Bücherwurm“. Auf Englisch heißt es genauso: bookworm. Oder als Verb: to be bookish.

Es bevorzugen, wenn Menschen einen nicht wiedererkennen. Nicht groß in Erscheinung treten. Flüchtigkeit.

Die typische Szene aus einem Geschäft,
Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes? - Nein, danke, ich schau mich nur um“, aufs ganze Leben übertragen.

Maßnahmen zur Weltverbesserung begrüßen und selbst die Welt mit der eigenen Anwesenheit vielleicht ein bisschen schöner machen, zumindest nicht schlechter. Dann dieses ganze Spiel wieder unerträglich anmaßend finden und kleinlich.

Sich seine eigene Welt sein. Individualität = Unteilbarkeit.

Der Geruch in Antiquitätenläden. Vollgestopfte Gänge, wild Gestapeltes. Verschrobene Inhaber.

Die Schönheit von Sturheit und Eigensinn, vielleicht noch mit einer Prise Arroganz, auch wenn die es gerade vermasseln kann.

Tierbabys.

Kleidung für Menschenbabys kaufen. Über die Winzigkeit entzückt sein.

Schöne Postkarten kaufen. Wie sie an verschiedenen Orten im Zimmer kleine Stapel bilden.

Postkarten und Glückwunschkarten, die man vor langer Zeit erhalten hat, nicht wegwerfen können und auch nicht denken, es tun zu sollen. Ciao, Minimalismus, Loslassen & Co.

Wunderlichkeit in ihren vielen Formen.

Schmutzige Fensterscheiben, auf denen sich Musterwelten bilden oder die Schatten der Pflanzen von der Fensterbank abzeichnen. Dann die Befriedigung, durch klare Scheiben zu schauen.

Ausblicke von oben.

Breite, niedrige Fensterbänke mit Kissen. Die Werbung für Magnum-Eis von früher, in der eine Frau an einem verregneten Abend nach Hause kommt, es sich mit einem Magnum auf einer solchen Fensterbank gemütlich macht, und an der Scheibe laufen die Regentropfen runter.

Mal wieder Magnum kaufen.

Wie eins zum anderen führt, ganz von selbst.

Mit Freude Geld ausgeben. Finden, dass es wie Kirmeschips ist.

Kaschmirsachen.

Im Hotel schlafen und in Cafés und Restaurants essen. Zurück zuhause die Freude, wieder selbst zu kochen und zu backen und beim Frühstück im Bademantel zu sein.

Die Option von Hotels mit Suiten, Bademänteln und Roomservice und die von Ferienwohnungen und AirBnB. Trotzdem ist es nicht dasselbe wie zuhause. Zum Glück.

Das Durchweben von Einfachem, Normalem mit Luxus.

Doggy Bags und der wiederholte Essensgenuss.

Alltäglicher Zauber und das Gefühl, dass es sich für diese eine kleine Sache schon zu leben lohnt.

Gute handgemachte Lebkuchen in Nürnberg kaufen oder bestellen. Die Schönheit von jahreszeitbezogenen Lebensmitteln und Ritualen.

Speisekarten lesen, auch oder vor allem die einleitenden Seiten. Perlen entdecken wie diese – v
ielleicht arg hochtrabend, aber dennoch (oder auch deswegen) sehr schön.

L’art de vivre
Der Begriff
L’art de vivre oder auch savoir vivre ist die französische Begrifflichkeit für die Lebenskunst. Sie beschreibt die Bereitschaft und Fähigkeit, die eigenen Lebensumstände mit Gelassenheit wahrzunehmen und die persönliche Lebensführung den eigenen Möglichkeiten entsprechend gezielt zu gestalten.
 
L’art de vivre ist aber auch Lebensgenuss, dennoch kein Überfluss. Bewusstes Leben, Unbeschwertheit, Vertrauen. Lebenskunst ist ein geistiges Handwerk zur Wahrnehmung und Verwirklichung des Selbst, ein maßgeschneiderter Lebensstil. Lebenskunst ist abhängig von mentaler Einstellung und bedeutet, das eigene Leben als Kunstwerk zu gestalten.

(Maison du Pain, Wiesbaden)

Leidenschaft für etwas und wenn sie wieder verebbt. Unfähig zu völliger oder anhaltender Identifikation sein. Das schade finden (wie als wäre man keine gute Schauspielerin) und gleichzeitig schön und frei.

Leichtigkeit. Noch schöner: Leichtfüßigkeit. Am liebsten durchs Leben schweben.

Im Buchladen das Regal mit den Sachbuch-Bestsellern betrachten. All die Annahmen, Meinungen und Vorschläge, wie das Leben gesehen und gelebt werden soll oder kann.

Ich versteh‘ im Grunde schon das nicht, was ich versteh‘, geschweige denn das, was ich nicht versteh‘.“ (Graf Eltz in Das Buch vom Süden)

Das unermessliche Spektrum menschlicher Seinsweisen, Interessen und Wahrnehmungen. Der menschliche Geist und alles, wozu er sich zu versteigen vermag. Die Tatsache (?), dass er bzw. alles total in sich selbst verstrickt ist, wie weit raus- oder nah rangezoomt, scheinbar losgelöst, erleuchtet, eins oder nichtig der Geist sich selbst auch erscheinen mag. Die Schönheit, dass das nicht anders sein kann (?) und auch nicht muss.

Das Leben, die ganze Angelegenheit, einfach lieben müssen. Ja, alles ist wohl Liebe, alles andere ergibt keinen oder zu viel Sinn.