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Montag, 26. Februar 2018

Bedingungsloses Grundeinkommen 2




Ich möchte neben den Gedanken und Links aus dem Post vom 2. Februar noch sehr den obigen Bericht von Ralph Boes aus Berlin ans Herz legen. Seine Erzählung ist ein großartiges, klares, leidenschaftliches Plädoyer für Menschenwürde, Freiheit, Selbstbestimmung – und das BGE. Es anzuhören, darüber nach- und mitzudenken, sind zwei ausgezeichnet „investierte“ Stunden, wie ich finde.

Ralph Boes spricht über diese Dinge anhand der Hartz-IV-Problematik und der Unrechtmäßigkeit der sog. Eingliederungsvereinbarung, die Hartz-IV-Empfänger (tatsächlich „Kunden“ genannt, obwohl „Sklaven“ ehrlicher wäre) unterschreiben müssen – bzw. die sie eben auch, dank Ralph Boes‘ Vorarbeit, korrigieren und individuell ändern können, damit sie rechtskonform(er) ist. Diese „Vereinbarung“ („Verordnung“ trifft es wohl eher) muss man unterschreiben, um Hartz-IV-Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Ich habe dank des Videos viel gelernt über dieses Instrument, seine Sanktionen und darüber, wie erpresserisch und kontrollierend es ist. Es ist eine gewisse soziale Existenzsicherung, das ist gut, aber sie ist an Bedingungen geknüpft, die beschämend sind, vor allem für eine Ära, in der Maschinen und Computer mehr und mehr Arbeit übernehmen, die Regale in den Läden mit Waren überquillen und Arbeit von Menschenhand und Menschenkopf (!) immer überflüssiger oder unabhängiger von der Geldlogik wird. Außerdem ist bezahlte Arbeit für alle (
Vollbeschäftigung) fast immer nur eine Illusion gewesen. Wir spielen hier also seit Jahrzehnten „Reise nach Jerusalem“ mit Arbeits- bzw. Einkommensplätzen – leider oder zum Glück fehlen dabei Millionen Stühle!
Menschen also dafür zu verurteilen, dass sie arbeitslos sind – das ist zynisch und kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles. Vielmehr, es ist ein Denkfehler, eine Gegebenheit, für die es neue Lösungen und Experimentierfreude braucht: Warum geben wir uns nicht gegenseitig ein Grundeinkommen? Und arbeiten weniger, verteilen so die Arbeit auf mehr Schultern und geben uns die Chance, mehr Zeit zu haben und verschiedenste Dinge zu tun, bezahlt wie unbezahlt, und manche gar ganz zu lassen? Das Thema Hartz IV offenbart außerdem eine (noch) verbreitete Verlogenheit bzw. zumindest eine Ignoranz, die mich traurig und wütend macht. Leider scheinen sich die meisten Menschen, mich selbst bisher eingeschlossen, kaum mit diesem Problem zu befassen, weil es so unbequem und „uncool“ ist – man ist froh, wenn es einen selbst nicht betrifft und schiebt es ansonsten gern von sich weg. Aber was ist das für eine blamable Haltung?

Artikel 1, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1949:
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.


Artikel 1, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Vereinte Nationen, 1948:
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Wollen wir das wirklich drangeben? Oder es lieber in neuem Maße leben?

Samstag, 24. Februar 2018

Über den Müßiggang

Auf zwei Lesebücher möchte ich gern hinweisen. Für den müßig-tätigen Geist, für Interessierte an der Kunst der Langeweile, der Lebenskunst, wenn man so will. Zum Nachdenken und Vergnügen. Die Bücher versammeln ernste und heitere Betrachtungen aus den letzten Jahrhunderten zum Thema Faulheit, diesem Schreckgespenst der arbeits- und beschäftigungswütigen Welt. Viele der Texte erscheinen heute aktueller denn je! Ich finde ja, es stünde uns gut an, all dem Eifer und der Emsigkeit eine großzügige Prise Nichtstun hinzuzugeben. Vielleicht würde der Kuchen dadurch schmack- und nahrhafter?

Weitere Gedanken zum Thema, auch im Zusammenhang mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, sowie die Buchempfehlungen folgen bei Klick auf Weiterlesen.

Freitag, 2. Februar 2018

Paradigmenwechsel?

"Free Lunch Society" ist der erste Kinofilm zum Bedingungslosen Grundeinkommen und  seit gestern in 100 deutschen Kinos zu sehen. Sehenswert, spannend, inspirierend und sehr erfreulich, wie ich finde.

Ein Beitrag aus dem BR-Fernsehen gibt Einblicke in die Doku und lässt den Regisseur zu Wort kommen. 

“Essen ohne Arbeit sowas gibt es nicht. Noch nicht. Denn führende Köpfe in Wirtschaft und Politik sind sich einig: das bedingungslose Grundeinkommen wird kommen. Dokumentarfilmer Christian Tod hat eine Weltreise gemacht, um die vielfältigen Positionen zum bedingungslosen Grundeinkommen einzufangen."
 



Visionär, innovativ – und utopisch? Oder ist die Zeit langsam reif für die Idee? Nicht nur aus menschlicher, sozialer und kultureller, sondern auch aus volkswirtschaftlicher Sicht? So, wie sich die meisten Menschen vor 100 oder 200 Jahren nicht vorstellen konnten, dass unsere heutige Welt voll mit Autos, Zügen, Flugzeugen, Smartphones und 37 Joghurtsorten ist, dass es so etwas wie Demokratie, Meinungsfreiheit, Krankenversicherung und Urlaub gibt oder dass sich Frauen selbstverständlich auch jenseits von Heim und Herd bewegen und homosexuelle Menschen Familien gründen so wird man sich vielleicht in 10 Jahren darüber wundern, dass sich die Menschen heute trotz oder wegen all des sogenannten Fortschritts in einem Hamsterrad aus Arbeit, Konsum und Bürokratie abgestrampelt haben, weil der einst gepriesene Kapitalismus aus dem Ruder gelaufen ist. Man sprach zwar vom aufgeklärten, mündigen "Bürger", das selbstständige, kritische Denken, das Innehalten und das Fühlen des Menschen (!) waren in all der Hektik aber irgendwann vergessen worden. Vielleicht beim morgendlichen Sprint zur U-Bahn, weggeworfen zusammen mit dem Coffee-to-go-Becher, im Warenkorb von Amazon oder auf der Facebook-Timeline liegengelassen. Oder es wurde in aller Heimlichkeit praktiziert, als wäre es etwas Unanständiges oder peinlich Naives. Eigentlich war es im Hamsterrad ganz bequem, aber nach einer Weile fing meistens doch irgendetwas an zu nagen in Hamsters (äh, Menschens) Kopf ...