Eigentlich mag ich Kategorisierungen à la „Es gibt so und so viele Arten von dem und dem“ nicht besonders. Aber wie das Leben so spielt, habe ich gerade Lust zu behaupten, dass es drei Arten von Glück gibt:
1. Bedingtes Glück: Wellen an der Oberfläche (dual)2. Bedingungsloses Glück: stille, friedliche Tiefe des Meeres (non-dual)
3. „Jenseits“ von glücklich vs. unglücklich, aber auch sie beide: der ganze Ozean (total)
Nummer 1 lässt sich zum Teil äußerlich herbeiführen oder begünstigen: Ich kann spazieren gehen, Yoga machen, die Wohnung aufräumen, ein Buch lesen, Musik hören, singen, tanzen, mit einem Kind spielen, eine Katze streicheln oder an meiner Konditionierung und meinen Glaubenssätzen basteln. Ich fühle mich ganz natürlich hingezogen zu Situationen, Tätigkeiten und Menschen, die mir Wohlbefinden bereiten (und wie das genau aussieht, kann individuell und je nach Tagesform oder Lebensphase sehr verschieden kann). Oder aber das Glück taucht einfach auf, z. B. in Form von guter Laune, wenn die Sonne scheint, jemand nett zu mir ist, die Haare gut liegen oder das Essen köstlich schmeckt. Für Nummer 2 lässt sich auch etwas tun, und zwar innerlich, z. B. durch Fokus, Achtsamkeit, Fühlen, Meditieren, Gewahrsein oder Selbsterforschung. Die Sehnsucht nach diesen beiden Glücksarten und der damit verbundenen persönlichen oder relativen Freiheit bringt all die wunderbaren und wundersamen Spielwiesen von Arbeit, Freizeit, Sport und Spiel, Technologie, Wissenschaft, Kunst, Beziehungen, Therapie, Persönlichkeitsentwicklung, Weisheit, Spiritualität, Esoterik, Metaphysik, Bewusstseinserforschung & Co. hervor (oder umgekehrt: diese Spielwiesen erzeugen oder befördern diese Glücksarten). Wie wohl jeder weiß, lohnt es sich sehr, sich dort umzusehen; es kann unglaublich viel Spaß machen und unzählige neue Empfindungen, Facetten und Wahrnehmungen eröffnen. No limits!
Nummer 3 ist hingegen einfach der Fall; es ist sozusagen absolute oder unpersönliche Freiheit. Sie kann nicht wirklich erreicht, erfahren oder erkannt werden (weil sie schon alles ist, inklusive Erkenner bzw. Erkennen), und man sollte sie vielleicht auch nicht Glück nennen. Aber eben das kann scheinbar erkannt werden. Beziehungsweise kann das, was dieses scheinbare Erkennen scheinbar verhindert (Annahmen, Überzeugungen, Konzepte), wegfallen oder durchschaut werden. Der Vorhang lüftet sich, das torlose Tor wird durchschritten, das Zuhause, das Paradies wurde nie verlassen. Oh, mein Gott. Es fühlt sich fast falsch an, solche Formulierungen zu verwenden, denn sie klingen viel geheimnisvoller, als das Ganze ist. Wenn, dann ist es eher ein kleines, leises Wow, Ups oder Aha statt eins mit drei Ausrufezeichen – und wohl auch nur, wenn man vorher auf Spielwiese 1 oder 2 sehr engagiert war und ernsthaft dachte, es „richtig“ machen zu sollen oder zu können, es zu „schaffen“, eine wie auch immer geartete Checkliste abarbeiten zu müssen, irgendwann irgendwo in einer Art dauerhaftem Superzustand anzukommen oder „die Wahrheit“ zu finden (statt sie in all dem spannenden Erforschen und Bestreben, aber auch in allem sogenannten Alltäglichen und Banalen immer schon zu sein). Oder es ist einfach ein Schulterzucken. Whatever. Und es scheint auch Abstufungen zu geben. Doch all das ist im Grunde egal, denn eigentlich ist es nichts. Alle Worte und Beschreibungsversuche sind irgendwie fehl am Platz, viel zu klein oder viel zu groß (z. B. Erleuchtung, Befreiung, Ichlosigkeit und mysteriöse Sanskrit-Begriffe; sie gehören alle eher zu Nummer 2). Irgendwie ist es das Selbstverständlichste und Offensichtlichste von der Welt: Leben passiert, in all seinen unzähligen Gewändern, wie eng oder weit, dunkel oder lichtvoll, materiell oder spirituell, konventionell oder abgefahren sie auch erscheinen mögen. Jeder weiß das ja, jeder ist das, genau so, wie er/sie/es in jedem Moment ist. Als „Erkenntnis“ ist es spektakulär unspektakulär und wahrscheinlich deswegen nicht besonders populär. Was natürlich völlig okay ist.
Interessant ist, dass keine dieser Glücksarten für eine andere aufgegeben
werden muss; das Interesse, die Resonanz, die Energie fließt, wohin sie eben gerade fließt. Unerbittlich, frei und fröhlich. Erlaubt ist, was gefällt bzw. was passiert. Und das, bzw. die Wahrnehmung dessen, also meine Realität, scheint von dem momentanen „Paket“ aus Bedürfnissen, Vorlieben, Wünschen, Überzeugungen und Widerständen, das „ich“
ist, bestimmt zu sein. Alle drei Glücksvarianten (und auch alle möglichen anderen) haben offensichtlich ihren Platz und sind wunderbar. Sowohl als auch. Die zweite Art enthält die erste und verstärkt sie sogar, weil die Abhängigkeit von äußerem Glück dabei abnimmt oder wegfällt – dann kann es sich umso besser zeigen und genossen werden. Und die
dritte Art umfasst die ersten beiden, wenn man so will; ohne sie aber vorauszusetzen. Progressiv, expansiv, inklusiv. Das
Leben eben.
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