Wenn im Flur nach dem Frühstück noch der Kaffeeduft in der Luft hängt.
Wenn man frisch gemahlenen Kaffee kauft und auf dem Weg durch die Stadt seinen Duft spazierenträgt.
Wenn man anderer Menschen Selbstgespräche mithört und sich leicht beschämt und berührt darin wiedererkennt (im Inhalt oder in der Tatsache, dass man auch welche führt).
Wenn man umständliche Dinge tut (oder Dinge umständlich tut) und eine große, heimliche Freude daran hat, nutzlos, zeit- und energieverschwendend zu handeln.
Wenn man sehr oft Wolken- und Himmelsformationen bestaunen und fotografieren muss. Wenn die Fotos aussehen wie fotorealistische Gemälde und Verwirrung darüber aufkommt, ob das nun "gekonnt" ist oder nicht. Wenn das allerdings egal ist.
Wenn man einen Kuchen zum ersten Mal backt und er gelingt, sogar sehr.
Wenn man einen analogen Brief schreibt und ihm ein echtes Blütenblatt beilegt.
Wenn in einem Buch aus der Bücherei noch ein alter Ausleihzettel klebt und der erste Stempel darauf von 1957 ist.
Wenn man in einem anderen sehr alten Buch eine Notiz findet, die in altmodischer Schrift und sehr, sehr ordentlich geschrieben ist. Wenn man sich ein bisschen dafür schämt, selbst keine so saubere und lesbare Handschrift zu haben.
Wenn man es schade findet, dass gewisse Tugenden von früher zu verschwinden scheinen, etwa Ruhe, Konzentration und Sorgfalt, wie sie sich zum Beispiel in ordentlichen Handschriften zeigen. Wenn man sich selbst (trotz mangelhafter Handschrift) in manchem altmodisch und uncool findet und das mag.
Wenn man Menschen sieht, die allein unterwegs sind, und ihre Vereinzelung anmutig findet.
Wenn das Brummen einer haltenden Straßenbahn, das Schlagen einer Kirchturmuhr und das Stimmengemurmel von Menschen zusammenkommen. Wenn Stadtlärm etwas Schönes, Sinfonisches hat.
Wenn man die Atmosphäre, die Details, die Empfindungen, das Zarte und das Skurrile in einem Buch mag und es genießt, darin einzutauchen.
Wenn einem vor Lachen Tränen in den Augen stehen.
Wenn der Rock auf dem Roller im Fahrtwind flattert.
Wenn eine Pflanze, die während einer Abwesenheit eingetrocknet war, wieder grüne Blätter und neue Knospen bekommen hat.
Wenn beim Abspülen das Wasser warm über Geschirr und Hände fließt.
Wenn man einen Fisch an der Wasseroberfläche betrachtet, dessen Mund sich wieder und wieder öffnet und schließt, und sich dabei vorstellt, dass Sprechblasen mit sinnlosen Aussagen aus dem Fischmund herausfließen. Wenn man sich des Weiteren vorstellt, wie schön es wäre, eine solche Szene zeichnen zu können. Wenn man nicht gut zeichnen kann, das aber nichts macht.
Wenn eigentlich nichts irgendetwas macht. Wenn das Leben sich lebt, in Freuden und Leiden und allen Nuancen, aber niemand da ist, der ein Leben führt. Wenn es scheinbar einfach so da ist und passiert, das Leben an sich.